Im dritten Teil von »Wir gründen unsere MILA Genossenschaft« widmen wir uns der Mitgliedschaft: Zwei Indikatoren zeigen wie gut es in einem genossenschaftlichen Supermarkt läuft – Mitgliederzahl und Jahresumsatz. Wir übernehmen das Konzept »Mitgliedschaft plus Einkäufer*in«.
Autorin: Beatrice Stude
Während bei »La Louve« in Paris die Mitglieder im Monat durchschnittlich für 155 Euro einkaufen, sind es in der »BEES coop« in Brüssel 220 Euro. Der erste genossenschaftliche Supermarkt in Europa nach New Yorker Vorbild, La Louve, setzt mit 4.300 Mitgliedern rund 8.000.000 Euro im Jahr um; der zweite, die BEES coop, setzt mit rund 1.500 Mitgliedern rund 4.000.000 Euro um. Somit wird in Brüssel mit fast einem Drittel der Mitglieder halb so viel an Jahresumsatz erwirtschaftet, wie in Paris – beide genossenschaftliche Supermärkte sind rund 1.500 Quadratmeter groß.
Anfang Mai waren wir auf Lernreise bei SuperCoop in Berlin und haben mehr über deren Umsetzung des Konzeptes »Mitgliedschaft plus Einkäufer*in« erfahren, in Paris gibt es diese auch – nur etwas anders:
La Louve in Paris
Jedes Mitglied arbeitet alle 4 Wochen für 3 Stunden mit. La Louve brauchte 18 Monate, um »break even« zu erreichen, also kostendeckend zu wirtschaften. Sie haben mit 2.000 Mitgliedern Ende 2016 begonnen. Und, jedes dieser Mitglieder konnte eine Person namhaft machen, die einkaufen kommen darf und im selben Haushalt lebt. Bei La Louve nennen sie das »attached person« – diese Person hat nur das Recht einzukaufen, und keine Pflichten in der Genossenschaft.
SuperCoop in Berlin
Jedes Mitglied arbeitet alle 4 Wochen für 3 Stunden mit. SuperCoop hat im September 2021 eröffnet und jetzt im Mai ihre Fläche auf 700 Quadratmeter erweitert, damit mehr als verdoppelt. Neu eingeführt wurde in der SuperCoop, dass jedes Mitglied eine Einkäufer*in bestimmen kann, »plus one« nennen sie es in Berlin. Egal wen! Grund dafür ist, dass viele Paare in Berlin nicht zusammen leben. Daher gibt es keine Vorgabe: Mitglied und »plus one« müssen nicht im selben Haushalt leben.
Für MILA in Wien
Das Konzept »Mitgliedschaft plus Einkäufer*in« werden wir für MILA Mitmach Supermarkt übernehmen – ohne zwingende Haushaltszugehörigkeit, wie in Berlin, denn:
Warum soll der alleinerziehende Vater nicht seine Tochter mit einkaufen lassen, die gerade in eine WG ausgezogen ist, wenn er sie ohnehin in ihrer Ausbildung oder im Studium weiter unterstützt? Warum soll die engagierte Enkelin ihren Opa nicht mit einkaufen lassen? Warum soll nicht auch die beste Freundin mit einkaufen dürfen? Und, die Menschen, die zu zweit, zu dritt, zu viert oder mit mehr Menschen im selben Haushalt leben haben die Wahl: Ernennen sie eine Person aus ihrem Haushalt als Einkäufer*in oder jemanden anderes. Kinder bis 18 Jahre dürfen sowieso mit einkaufen.
Warum eine Festlegung schaffen, die für wenige passt, statt für viele? Die durchschnittliche Haushaltsgröße in Wien war 2019 laut Statistik Austria 2,05. In über 400.000 Haushalten lebt nur eine Person, in über 260.000 Haushalten leben zwei. Zusammen sind es fast Dreiviertel aller Haushalte in Wien, konkret 74 Prozent, in denen nur ein bis zwei Menschen leben.
Warum also festlegen, dass die Einkäufer*in im selben Haushalt leben muss? Wenn dies nicht so leicht zu überprüfen ist? Warum etwas festlegen was wir weder überprüfen noch bei nicht einhalten sanktionieren wollen?
Es hat nur Vorteile: Wenn mehr Menschen einkaufen kommen können, steigt der Umsatz unserer Genossenschaft und sie gedeiht. Wir Mitglieder dürfen frei wählen, wer mit einkaufen kommen darf. Und, die ernannten Einkäufer*innen lernen die guten und günstigen Produkte lieben und werden künftig womöglich selbst Mitglied. Daher hat der MILA Vorstand und die Arbeitsgruppe Genossenschaftsgründung entschieden, das Konzept Mitgliedschaft plus Einkäufer*in ohne Haushaltszugehörigkeit für den künftigen genossenschaftlichen MILA – Mitmach Supermarkt zu übernehmen.